Dies ist Teil 7 der Aufklärung in Hamburg: Johann Heinrich Bartels, Amandus Augustus Abendroth, Ferdinand Beneke und die Verbesserung einer kleinen Republik 1790–1835. Die Aufklärung in Hamburg hat ihre eigene Homepage, which you can also read in English. Die Einleitung beschreibt, worum es geht, und wer einen Überblick über die bisher veröffentlichten Kapitel haben möchte, klickt bitte hier.
Johann Heinrich Bartels liebte arkadische Feste, wo im Duft der Orangen gesellschaftliche Schranken schwanden. Er erlebte sie im schönen Italien, zu seiner eigenen Überraschung bei den Kapuzinern von Syrakus. Ich fand dort, schrieb er seinen Freunden in Deutschland, eine sehr gemischete Versammelung aus allen Klassen, wo der Adel es nicht seiner Würde nachteilig hielt, sich mit dem nidrigern Volke zu freuen, wo junge lachende Mädchen ihre Stirne mit Kränzen umwunden, und in unschuldsvoller Freude mit den Knaben tanzeten und spileten.[1]
In Hamburg ging es robuster zu. Die Geselligkeit reichte von treuherzig bis mondän, der Kontrast fiel ins Auge. Ferdinand Beneke schlenderte an einem schönen Sommerabend des Jahres 1797 nach Hause. Vor seiner Haustür stand gemütlich beim Plausch Senator Franz Lorenz Gries und rief ihn zu sich. Beneke wurde vom Fleck weg eingeladen und mußte so ganz freundschaftlich bey ihm essen.[2] Große Diners hingegen, Demonstrationen von Luxus und Wohlstand, fielen frostig aus.[3] Die Konversation war eher alltäglich, manche verspürten aufsteigende Langeweile.[4] Vielleicht auch lag geistreiche Konversation dem Hausherren gar nicht so sehr im Sinn. Das opulente Diner zur Stärkung des Kredits war Gastgebern um 1800 nicht fremd. Lebensreformer kritisierten das, konnten sich aber mit ihren Appellen zu vernünftigem Genuss nicht durchsetzen: Der Mäßigkeit der Schmäuse widersezt sich oft kaufmännische Politik.[5] Anders lagen die Dinge bei den Festessen, die vom Personal der Republik in seinen amtlichen Funktionen erwartet wurden. Hier stand zunehmend Sparsamkeit auf dem Programm. Als Beneke 1800 ins Niedergericht gewählt wurde, einigten sich die Kollegen Richter darauf, nur noch ein Antritts- und ein Abschiedsessen zu geben, und beschlossen im Übrigen, dem Herrn Schmauspräses zu empfehlen, den Aufwand so weit wie möglich einzuschränken.[6] Die Repräsentanten des Staates gehörten nicht immer zu den Reichsten.
Der junge Dr. Beneke liebte Unterhaltung im französisch-republikanischen Geschmack. Die fand er bei Jean Henri de Chaufepié, dem Arzt und Freund aus Göttinger Tagen. Bei ihm trafen sich republikanische Enthusiasten: Kaufleute, Ärzte, Rechtsanwälte, bürgerliche Intelligenz eben: Johann Jakob Rambach, Joachim Nicolaus Schaffshausen und Johann Michael Gries, Sohn des Senators, gehörten dazu. Hier traf Beneke auch die Repräsentanten der neuen Schwesterrepubliken Frankreichs, Georg Kerner und Gotthard Reinhold, respektive französischer und batavischer Botschaftssekretär. Revolutionärer Freundschaftskult stand in Blüte. Teuerster, bester – unvergeßlicher Freund!,[7] schrieb Kerner an Reinhold und empfahl ihn dann in Paris beim einflussreichen Emmanuel-Joseph Sieyès, 1799 einer der Drahtzieher beim Staatsstreich Napoleons.[8] Chaufepié wollte mit Kerner am großen Werk der Menschenbeglückung[9] arbeiten. Ferdinand Beneke auch, er war begeistert – ein ächt republikanischer Zirkel.[10] Mit diesen Leuten feierte er in Harvestehude 1796 den amerikanischen Unabhängigkeitstag.[11] Kurze Zeit später organisierten ein paar von ihnen die Philanthropische Gesellschaft, Kerner war Präsident, Chaufepié Schriftführer.[12] Die Hamburger Republik war besorgt über den revolutionären Verein und beauftragte ihren Prätor Johann Schulte mit der Erkundung dieser suspekten Organisation.[13] Es war der mit der brillantenbesetzten Dose vom russischen Kaiser.[14]
An der Spitze der Frankreichfreunde stand Benekes Förderer Georg Heinrich Sieveking, der schwerreiche Getreidehändler, der sich für das Gemeinwohl engagierte und als Diplomat der Republik nach Paris reiste. Sonntags hielt er in seiner Sommerresidenz in Neumühlen offenes Haus.[15] Viel Geld, hohe Begeisterung für Humanität und neue Politik gingen Hand in Hand.[16] Er liebte die Freiheit. Am 14. Juli 1790 feierte er in Harvestehude an der Alster mit Freunden und Freundinnen den ersten Jahrestag des Sturms auf die Bastille. Weißgekleidete Mädchen mit blau-weiß-roten Schärpen besangen die deutsch-französische Freundschaft. Freie Deutsche, singt die Stunde, / Die der Knechtschaft Ketten brach, / Schwöret Treu dem großen Bunde, / Unser Schwester Frankreich nach![17] Das war ein festliches Versprechen einer Allianz mit dem republikanischen Frankreich – politisch und kommerziell. Le bonheur de la France me tient à coeur, j’aime avec enthousiasme votre sublime constitution,[18] schrieb der Hausherr von Neumühlen und Harvestehude nach Paris. Allerdings hatten manche Teilnehmer des Festes das Gefühl, sie könnten sich kompromittieren. Klopstock, der hochberühmte, aber nicht mehr ganz junge Dichter, trug auf stürmisches Andringen zwei Oden an die Freiheit vor, seine schönsten, wie Caspar Voght meinte. Aber er verbot das Mitschreiben.[19] Man konnte nie wissen. Die Weigerung des Senats, Sieveking in die Regierung der Republik zu wählen, hing möglicherweise auch mit dieser Veranstaltung zusammen. Später kam es zu beunruhigenden Zwischenfällen. Bewaffnete drangen im März 1797 in Sievekings Neumühlener Haus ein, wo Karl Friedrich Reinhard, der hochumstrittene Gesandte Frankreichs, gerade wohnte. Schüsse fielen, Reinhard und Botschaftssekretär Kerner schossen zurück. Französische Emigranten seien die Angreifer, hieß es, Feinde der Republik und des Republikanismus.[20]
Auch Sievekings Schwiegervater, der Arzt Johann Albert Reimarus, öffnete mit seiner immer gut gelaunten Gattin Sophie jeden Freitagabend sein Haus für den aufgeklärten Austausch. Er hatte sie bei der Pockenimpfung kennengelernt und alsbald geheiratet, nachdem er ihren scharfen Verstand und ihre edle Denkungsart schätzen gelernt hatte.[21] Aufklärer fanden diese Kombination unwiderstehlich. Reimarus war ein berühmter Mann, den die ganze gelerte Welt, so ließ Bartels seine Leserschaft wissen, als einen ihrer grössesten Philosophen schäzet, und seine Freunde, als den edelsten und libenswürdigsten Freund verehren.[22] Zu den Freunden hatte Gotthold Ephraim Lessing gehört, der gern zum Tee vorbeikam und sich nur ungern wieder verabschiedete.[23] Jetzt mit Bartels gab es allerdings Reibungen. Reimarus hatte in dessen Beschreibung der Papierproduktion auf Sizilien einige Fehler entdeckt. Der Autor war leicht verärgert. Er hob zwar die hohen Einsichten des verehrungswürdigen Landsmannes[24] kurz hervor, aber dann wurde es ihm doch zu viel. Wissenschaftlicher Streit flammte auf um die Zahl der Blütenblätter des Papyrus. Herr Dr. Reimarus glaubete 6, aber es sind ihrer nur 5, wie ich zuverläßig weiß.[25] Der wissenschaftliche Diskurs konnte etwas kleinlich werden, Dr. Bartels wollte auch einmal Recht behalten. Für jüngere Besucher lag Pedanterie in der Luft. Jedenfalls fiel das dem 25-jährigen Beneke auf. Er begann sich von diesen Kreisen zu distanzieren, nicht nur wegen des Altersunterschieds. Es gab unter den Gästen für seinen Geschmack zu viel Verstand und zu wenig Gefühl, natürliche Gutmüthigkeit, und unwillkührliche Liberalität fehlt ihnen, wie ihnen zugleich auch die Musik der Seele Empfindung, und Phantasie fehlt.[26] Er konnte in diesem Rahmen schlicht nicht warm werden, und in bescheidenen Momenten gestand er sich ein: Das Wesen ist mir hier zu weitläufig. Froh bin ich hier nie.[27]
Auch die Doktoren Bartels und Abendroth liebten es entspannt. Es durfte gelacht und gesungen werden, Italienischkenntnisse waren von Vorteil. Die Formen variierten. Man schätzte Geselligkeit eher in privater Umgebung. Die beiden besuchten zum Beispiel Thedel Anton Woller am Heuberg.[28] Er war Kollege, ein Jurist, weltläufig und bodenständig, die übliche Hamburger Mischung, nichts Besonderes also. Man saß nicht gern allein zu Hause. Bartels machte sich auf den kurzen Weg, brachte seinen Vater mit. Abendroth kam dazu, er zerstreute sich gern und wartete auf den politischen Durchbruch. Da man unter Freunden war, erlaubte es die gesellschaftliche Konvention den Damen, auch teilzunehmen, wenn der Gatte verhindert war. Luise Bieber – Ehefrau von Georg Elert Bieber, dem Chef der gemeinnützigen Brand-Versicherungs-Association, die Waren und Mobilien für über 100 Millionen versicherte[29] –, ließ es sich nicht zweimal sagen. Benekes Frau Caroline ging ebenfalls gern ohne Gatten tanzen. Der hatte keine Lust dazu.[30]
Ein paar Monate später lud Dr. Bartels zum Abendessen. Dieses Mal kam auch Bieber. Er war besonders eng mit Abendroth befreundet.[31] Vielleicht war dies eine der wichtigsten Freundschaften der verbessernden Hamburger Republik: Bieber der gemeinnützige Unternehmer, Abendroth der Politiker. Sie spielte eine Rolle bei der Erweiterung der Stadt, bei der Bekämpfung der steigenden Mieten, beim neuen Wasserwerk für die Neustadt und der Umgestaltung der Wallanlagen. Dieser Abend aber sollte eher gesellig sein. Freunde und Verwandte der Bartels-Familie kamen, dazu ein paar Juristen, unter ihnen der scharfzüngige Dr. Eduard Rentzel, was vielleicht dem empfindlichen Beneke, der ihn nicht leiden konnte, die Laune verdarb. Der Abend aber war ein Erfolg, Bartels ein guter Unterhalter, die Gäste amüsierten sich prächtig.[32]
Unterhaltsam war es vor allem, wenn Geselligkeit durch Schönheit veredelt wurde, bevorzugt in italienischer Manier: Architekt Johann August Arens lud zum Abendessen. Bildhauer Landelin Ohnmacht, den Dr. Bartels und die Patriotische Gesellschaft mit Aufträgen versorgten, konnte über künstlerische Fortschritte berichten. Madame Arens sang italienische Lieder, und Johann Heinrich Bartels unterhielt die Gesellschaft mit Abenteuern aus Kalabrien und Sizilien.[33] Besser noch war es, wenn Italiener und Italienerinnen dabei waren. Im Juni 1796 folgte Beneke einer Einladung ins Haus Bartels, wo lauter Italiäner, und Italiänerinnen das gute Leben genossen. Natürlich ward brav gesungen.[34]
Politischer waren die Gesellschaften bei Senator Johann Michael Hudtwalcker, dem alten Aufklärer. Bartels selbst sorgte mit seinen Konversationsbeiträgen dafür. Wir wissen es von einem etwas indiskreten Reisenden aus Bremen, Johann Ludwig Ewald, der unvorsichtigerweise veröffentlichte, was ihm erzählt wurde, und zu allem Überfluss auch noch Namen nannte. Das schätzte die gute Gesellschaft nicht, aber der Plauderer war nicht aufzuhalten. Hier lernte ich auch Bartels kennen, der die bekannten Reisen nach Sizilien geschrieben hat, und den ich auf der Juristenbörse nur eben gesehen hatte. Ein schöner Mann, voll Feuer und Leben, mit dem Gepräge der Sittenunverdorbenheit im Gesichte! … Er sprach unter andern von der so verschrieenen venezianischen Staatsverfassung, und nahm sie sehr in Schutz; war also mit der damaligen Revoluzion gar nicht zufrieden.[35] Dem durfte der Leser wohl entnehmen, dass Bartels beim Hauptgang gegen den General wütete, der der Republik von San Marco gerade ihr Ende bereitet hatte, Napoleon Bonaparte nämlich. Beim Nachtisch wartete er dann mit ein paar paradoxen Bemerkungen über sanfte Aristokratien und drückende Demokratien auf. Dafür gebe es schreiende Beispiele! Wahrscheinlich in Frankreich. Herr Ewald wendete sich nach so viel Politik und so viel Indiskretionen lieber galant der Dame Bartels zu, einer Venezianerin mit italienischem Auge und englischem Teint.[36] Dann analysierte er glühendes Feuer in ihren Augen und verunglückte bei einem Vergleich der schönen Frau mit einem Lampenschirm.
Spannend war es bei Friedrich Johann Lorenz Meyer, Dr. Meyer, dem Chef der Patriotischen Gesellschaft, dem Bartels seine Briefe aus Kalabrien und Sizilien geschrieben hatte. Bei Zusammenstellung der Gästeliste kannte er keine Vorurteile. Er lud er die Wertheims ein.[37] Emanuel war Kaufmann aus Wien, jung, weltgewandt - und jüdisch. Die Abendroths und die Roddes kamen auch. Der Senator und Großfinanzier Matthäus Rodde, berühmt wegen seines für unermeßlich geachteten Reichtums,[38] war führender Politiker der Republik Lübeck, seine Frau Dorothea Schlözer die erste philosophische Doktorin Deutschlands, jene bekannte promovirte Göttingerin. Das meinte Ferdinand Beneke, der auch eingeladen war. Sie ist wahrlich sehr gescheit, u. geistvoll.[39] Im April 1801 war Caroline Schlegel zu Gast, die über reichhaltige und nicht alltägliche Erfahrungen verfügte: Sie hatte an der Mainzer Revolution teilgenommen, als politische Gefangene in einem preußischen Gefängnis gesessen und war dann an der Seite August Wilhelm Schlegels Romantikerin in Jena geworden. Dr. Beneke gab sich skeptisch, Mitglied einer literarischen Clicque, schrieb er.[40]
Die Gesellschaften bei Meyers changierten manchmal ins Opernhafte. Da tauchte eine Dame von Braun auf, schön, kokett, mit schriftlicher Empfehlung, niemand wusste, ob ihr Name stimmte. Sie lebte offensichtlich in den höchsten Sphären der europäischen Aristokratie, hatte die Prinzessin von Kurland nach Paris begleitet und in Hamburg einer anderen Prinzessin, Name im Dunklen, bei einer heimlichen Geburt assistiert. Gerüchte über Gerüchte. Den anständigen Bürgern kitzelte es die Nerven, andere empfanden lebhaft die Attraktion erotisch-rauschender Seide. Eine Fata Morgana, am nächsten Tag war die Dame verschwunden.[41]
Bodenständiger feierte die bessere Mittelklasse. Kleine Kaufleute, Krämer und Makler hätten gerne in Eleganz und Vornehmheit mit ihren reichen und gebildeten Mitbürgern mitgezogen, fanden das aber auf Dauer etwas beschwerlich – im Übrigen auch zu teuer. Nach mühevollem Anlauf warf die ganze Gesellschaft irgendwann den hohen Anspruch über Bord, wandte sich energisch dem kulinarischen Angebot zu und ging schwungvoll ins plattdeutsche Amüsement über. Beneke war Zeuge: Es ward erstaunlich gegessen, und getrunken. Im Anfang ward wenig im affektirten Hochdeutsch geredet. (NB. Zuppen, Zauß, ich bitte Ihnen u. sw.) Crescendo wurden die Bouteillen leerer und die Menschen lauter; zuletzt brach alles in die laute naive, wenngleich gemeine plattdeutsche Laune aus. Ich setzte mich zwischen zwey junge Mädchen, um ihre Albernheiten zu sammeln, aber mein Gedächtniß hatte nicht Platz genug für ihre Beyträge. Diese hamburgische vornehmere MittelKlaße ist unglaublich burlesk.[42] So beschrieb er eine große Gesellschaft des Krameramts auf dem Baumhaus, an die 60 Teilnehmer. Beneke kommentierte etwas hochnäsig, denn der Schliff der großen Welt war hier nicht zu finden. Trotzdem konnte er eine gewisse Genugtuung nicht verbergen. Neben Eduard Rentzel war er der einzige Akademiker, den die guten Bürger zu ihrem Fest eingeladen hatten.
Die Vertrautheit mit diesem Milieu war für jeden, der in der Republik Karriere machen wollte, nicht ganz unwichtig. Das dämmerte auch Beneke. Bei einer ähnlichen Festivität im Dezember 1814 fing er an, darüber nachzudenken. Diesmal hatte ein Gastwirt aus St. Pauli zu Tisch gebeten. Rechtsanwalt Beneke hatte ihm geholfen, Geld für den Wiederaufbau der Neuen Dröge aufzutreiben, so hieß sein Etablissement. Jetzt wurde die Neueröffnung gefeiert. Gutsituierte Mittelklasse brachte Vivats aus und wartete auf die Suppe. In einem schönen, langen Sale speiseten an 200 Personen, – Schiffer, Makler, Zuckerfabrikanten, HausRentner, Meister von einigen vorzüglichen Gewerken (Maurer Zimmerleute usw.), Schulhalter, Krämer usw. mit ihren Frauen, und Töchtern;[43] Kapitäne gehörten auch dazu, man war ja in Hamburg. Die Feier begann, die Gesellschaft sang Nun danket alle Gott und arbeitete sich auch in diesem Falle schnell zu lebhafteren Unterhaltungen vor.[44] Beneke bekam ein Vivat für seine juristische Expertise, musste dann aber gehen, bevor der Braten kam. Alles in allem war er mit seinem Besuch in der Dröge zufrieden, ich könnte es sogar für Politik ausgeben, wenn ich von vorn herein daran gedacht hätte.[45]
Aus Politik tat man etwas, weil man in irgendeiner Form Dividenden für sein Verhalten erwartete. Es funktionierte so: Die bessere Mittelklasse der Republik bevölkerte die Bürgerkonvente. Jeder Senator musste hier den richtigen Ton und das richtige Thema treffen. Die bürgerliche Elite der Kaufleute und Rechtsanwälte hatte den fundamentalen Gegensatz zwischen Laden und Kontor zu überwinden. Bei Thomas Mann in den Buddenbrooks misslang das. Onkel Gottfried, der einen Laden geheiratet hatte, fühlte sich vom hochnäsigen Gehabe im Landschaftszimmer in der Mengstraße schwer beleidigt. In der Hamburger Republik hing vom erfolgreichen Brückenbau politisch einiges ab, der Erfolg einer Gesetzesvorlage in der Bürgerschaft zum Beispiel. Die tief in der Natur der Sache liegende Scheidung zwischen dem Großhandel und dem mit dem Handverkauf verbundenen Kleinhandel war und ist in Hamburg dadurch verschärft, daß sie wenigstens thatsächlich in die Verfassung der Stadt übergegangen ist. Der Großhandel gibt die Fähigkeit zum Eintritt in den Senat, der Kleinhandel zu dem in die sogenannten bürgerlichen Collegien.[46] Nachdem die Nation erweckt war und ihre Ressentiments gepflegt werden wollten, entdeckte Beneke, mittlerweile Wortführer der erweckten Christen und Vaterlandsfreunde, für diese Klientel ein ideales Thema: die Beschränkung der jüdischen Gewerbe, um nicht zu sagen die Beschränkung der Juden an und für sich.
Die Abkürzungen StAHH, StAB und StACux beziehen sich auf Bestände der Stadt- und Staatsarchive von Hamburg, Bremen und Cuxhaven; die Fußnoten auf die Literaturliste.
[1] Bartels: Briefe, Bd. 3, S. 105.
[2] Beneke: Tagebücher, 22.6.1797.
[3] Merkel: Briefe, S. 224–227.
[4] So schilderte es jedenfalls Hamburg und Altona, 1. Jahrgang, 1. Bd., 1801, S. 81–86.
[5] Rambach: Versuch, S. 212.
[6] Beneke: Tagebücher, Bd. I/4, S. 416.
[7] Kerner an Reinhold, 2.10.1795, zitiert nach Fritz: Kerner, S. 263.
[8] Fritz: Kerner, S. 284.
[9] Chaufepié an Kerner, 3.5.1796, zitiert nach Fritz: Kerner, S. 304.
[10] Beneke: Tagebücher, 20.2.1796.
[11] Beneke: Tagebücher, 4.7.1796.
[12] Fritz: Kerner, S. 368.
[13] Fritz: Kerner, S. 369.
[14] Beneke: Tagebücher, 16.11.1801.
[15] Sieveking: Georg Heinrich Sieveking, S. 463–475.
[16] Vgl. die Beschreibung bei Böttiger: Zustände, 1838, Bd. 2, S. 28f.
[17] Zitiert nach Sieveking: Georg Heinrich Sieveking, S. 50.
[18] Zitiert nach Sieveking: Georg Heinrich Sieveking, S. 122. Frankreichs Glück liegt mir am Herzen, ich liebe enthusiastisch Ihre sublime Verfassung.
[19] Sieveking: Georg Heinrich Sieveking, S. 48f.
[20] Delinière: Reinhard, S. 125.
[21] Reimarus: Lebensbeschreibung, S. 88.
[22] Bartels: Briefe, Bd. 3, S. 848f.
[23] Wohlwill: Geschichte, S. 82.
[24] Bartels: Briefe, Bd. 3, S. 848.
[25] Bartels: Briefe, Bd. 3, S. 849.
[26] Beneke: Tagebücher, 25.9.1801.
[27] Beneke: Tagebücher, 23.9.1797.
[28] Beneke: Tagebücher, 24.11.1799.
[29] Westphalen: Zustand, S. 31
[30] Trepp: Männlichkeit, S. 386.
[31] Buek: Oberalten, S. 332.
[32] Beneke: Tagebücher, 19.3.1800.
[33] Beneke: Tagebücher, 25.2.1796.
[34] Beneke: Tagebücher, 6.6.1796.
[35] Ewald: Fantasieen, S. 176.
[36] Ewald: Fantasieen, S. 177.
[37] Beneke: Tagebücher, 3.12.1799.
[38] Rist: Lebenserinnerungen, Bd. 2, S. 63.
[39] Beneke: Tagebücher, 3.12.1799.
[40] Beneke: Tagebücher, 9.4.1801.
[41] Beneke: Tagebücher, 3.3.1801.
[42] Beneke: Tagebücher, 13.12.1801.
[43] Beneke: Tagebücher, 14.12.1814.
[44] Beneke: Tagebücher, 14.12.1814.
[45] Beneke: Tagebücher, 14.12.1814.
[46] Perthes: Friedrich Perthes Leben, Bd. 1, S. 46.